Kartellrechtliche Schadensersatzansprüche

Kartellrechtsverstöße führen in aller Regel zu erheblichen Vermögensschäden auf der Marktgegenseite

So genannte „hard-core“ Kartelle, wie z.B. Preiskartelle, Quotenkartelle oder Kundenkartelle, haben massiv preissteigernde Wirkung. Empirische Erhebungen haben gezeigt, dass 93% aller Kartellverstöße zu einem entsprechenden Schaden der Marktgegenseite führen und zudem der kartellbedingte Mehrerlös bei 60% aller Kartellverstöße zwischen 10% und 50% liegt (Oxera study “quantifying antitrust damages” (Dezember 2009) Schaubild 4.1, S. 91) .

Aber auch Kartellrechtsverstöße in Form von Marktmachtmissbräuchen (z.B. Lieferverweigerungen, Exklusivitätsbindungen, oder die Forderung ausbeuterischer Konditionen) führen zu Vermögenseinbußen bei Geschäftspartnern und Wettbewerbern, die durch den Marktmachtmissbrauch in ihrer wettbewerblichen Gestaltungs- und Bewegungsfreiheit beschränkt wurden.  

Opfer kartellrechtswidrigen Verhaltens können Ersatz des erlitten Schadens verlangen. Dies ergibt sich zum einen aus fundamentalen Grundsätzen des Europäischen Rechts, wie der Europäische Gerichtshof in diversen Fällen festgestellt hat (vgl. EuGH, Courage v Crehan (C-45 /99);  Manfredi (C-295/04)).  Zum anderen sind kartellrechtliche Schadensersatzansprüche auch teils positivrechtlich in den nationalen Rechtsordnungen in den EU-Mitgliedstaaten verankert (so wie z.B. in § 33 Abs. 3 des deutschen Kartellgesetzes (GWB)), die vorsehen, dass jeder, der vorsätzlich oder fahrlässig gegen Kartellrecht verstößt, für den hierdurch verursachten Schaden haftbar ist.

Hat eine europäische Wettbewerbsbehörde einen Kartellrechtsverstoß rechtskräftig festgestellt, so ist diese Feststellung für die Zivilgerichte im Rahmen eines sich anschließenden kartellrechtlichen Schadensersatzprozesses bindend. Dies bedeutet für die Praxis, dass es im Rahmen von kartellrechtlichen Schadensersatzprozessen lediglich um die Fragen geht, ob durch den Kartellrechtsverstoß ein Schaden entstanden ist, wer zu der Gruppe der Geschädigten gehört, und wie hoch der Schaden ist.

Kartellgeschädigte profitieren bei der Geltendmachung ihrer Schadensersatzforderungen insoweit von bestimmten Verfahrenserleichterungen, wie z.B. von der richterlichen Schätzungsbefugnis gemäß § 287 ZPO, die eine exakte Bezifferung des Kartellschadens entbehrlich macht. Ferner kommen Kartellgeschädigte in den Genuss der gesetzlichen Vermutungsregelung in Artikel 17 Abs. 2 der Richtlinie 2014/104/EU (siehe auch BGH, Urteil vom 28. Juni 2005, KRB 2/05 - Berliner Transportbeton), wonach Kartellverstöße stets einen ersatzfähigen Schaden verursachen.

Trotz des eigentlich günstigen rechtlichen Rahmens gestalten sich kartellrechtliche Schadensersatzprozesse in der Praxis jedoch ausgesprochen komplex, schwierig, langwierig und sind damit auch sehr teuer. Neben einer Vielzahl materiellrechtlicher und verfahrensrechtlicher Besonderheiten, die sich insbesondere aus dem Zusammenspiel mit EU-rechtlichen Vorgaben ergeben, erfordert insbesondere die ökonomische Schadensanalyse, die Grundlage der richterlichen Schätzung und damit zwingend erforderlich ist, eine umfassende und kompetente Beurteilung der relevanten Wettbewerbsprozesse, sowie die detaillierte Auswertungen ökonomischer Eckdaten.

Aus dem Gesagten folgt, dass erfahrenen Kartellrechtsanwälte sowie spezialisierten Wettbewerbsökonomen in der Praxis oft unverzichtbar sind für die erfolgreiche Identifizierung, Aufarbeitung und Durchsetzung kartellrechtlicher Schadensersatzansprüche.